Montag, 9. Juni 2014

I walk a lonely Road, the only one I've ever known.



Bin ich ein schlechter Mensch, weil ich jetzt nicht weine? Irgendwie hab ich das Gefühl. Zu kalt zu sein. Dabei bin ich nicht kalt. Wirklich nicht. Ich bin vielleicht nur geschockt. Ja, der Schock sitzt tief. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht. Aber es gibt wohl nie den richtigen Zeitpunkt, um einen geliebten Menschen gehen zu lassen. Der Tod kommt irgendwie immer plötzlich. Ich kann mich damit trösten, dass du alt warst, alt und krank. Dass du ein langes Leben voller Freude gehabt hast. Dass du im Kreise deiner Familie alt geworden bist. Dass du innige Liebe erfahren hast. Dass du 94 Jahre alt geworden bist und nur die wenigsten Menschen so ein stolzes Alter erreichen. Dass du ohne Schmerzen friedlich eingeschlafen bist. Ich glaube, so einen Tod wünschen sich die meisten Menschen, und auch so einen Lebensabend, wie du ihn verbracht hast.
Ich habe mir vorgenommen, nicht zu weinen. Auch bei der Beerdigung nicht. Weil ich die europäische Auffassung des Todes nicht so gerne mag. Ich mag die südamerikanische viel mehr. Man betrauert dort nicht den Tod des geliebten Menschen, sondern feiert, dass er gelebt hat. Und auch ich möchte das so tun. Ich möchte dich in Erinnerung behalten, wie du warst, auch wenn es mich unsagbar schmerzt, daran zu denken, dass ich dein helles Lachen nie wieder hören werde. Ich möchte voller Freude daran denken, wie du mich großgezogen hast. Ich möchte ewig dankbar für deine bedingungslose Liebe und Unterstützung sein. Und du wirst in meiner Erinnerung ewig weiterleben. Ich werde meinen Kindern noch von meiner wunderbaren, aufopferungsvollen Oma berichten, von der ich so viel gelernt habe und die mein Leben auf die schönste Art bereichert hat. 
Ich habe nicht das Gefühl, dass unausgesprochene Worte zwischen uns herrschen, denn du weißt, dass ich dich sehr geliebt habe - zumal das die letzten Worte sind, die ich dir persönlich gesagt habe. Ich bin nicht religiös, aber ich glaube trotzdem daran, dass ein Menschenleben nicht einfach so im Nichts endet. Ich glaube, dass du jetzt bei deinem Mann und deiner Familie bist; zufrieden, glücklich und ohne Krankheit oder Sorgen. Zumindest wünsche ich mir das für dich, denn nichts anderes hast du verdient. 

1 Kommentar:

Svenja hat gesagt…

Herzliches Beileid für deinen Verlust, es muss schrecklich sein, einen geliebten Menschen zu verlieren, hohes Alter hin oder her. Aber Daumen hoch dafür, wie du damit umgehst und auch für diesen wunderschönen Text. Er ist voller Gefühle und lässt darauf schließen, dass dich ihr Tod alles andere als kalt lässt.