Freitag, 28. September 2012

If I go crazy, would you still call me Superman?



Sicher. Du warst Sicherheit. Es mag paradox klingen, aber auf eine gewisse Weise warst du meine Sicherheit. Nicht "sicher" im Sinne von "meine Stütze", "mein Fels in der Brandung" oder "meine Schulter zum Ausweinen". Du warst keine Sicherheit, wie man sie sich vorstellt oder wünscht.
Aber in den letzten zwei Jahren war es immer sicher, dass ich dich in meiner Lieblingskneipe antreffen werde. Es war sicher, dass ich mich dann verunsichert fühlen würde und diese Unsicherheit im Whiskey ertränken würde. Es war sicher, dass ich irgendwann, angetrunken und mit zerzausten Haaren, zu dir gehen werde, mit dir sprechen werde und dass - mit genug Alkohol und pathetischen, eindringlichen Phrasen - wir nebeneinander einschlafen werden. Und es war sicher, dass wir uns am nächsten Morgen stillschweigend und bedrückt voneinander verabschieden werden, dass ich mir Hoffnungen auf mehr machen würde und du meine Erwartungen enttäuschen würdest.
Das alles hatte eine unpassende Form der Sicherheit angenommen. 
Als ich mich aber in jener verhängnisvollen, regnerischen Nacht vor ein paar Monaten auf einem schmutzigen Parkplatz unter Tränen dazu entschloss, zu gehen - einfach nur zu gehen - gab ich diese Sicherheit auf. Seitdem ist nichts mehr sicher. Weder, dass wir uns sehen, noch dass ich dich überhaupt sehen will. 
Ich komme ganz gut klar. Die meisten meiner Tage sind ok. Aber sie reichen nicht über "ok" hinaus - mit einigen, seltenen Ausnahmen. Im Großen und Ganzen ist mein Leben ok. Nicht besser als davor, aber auch nicht schlechter. An den meisten Tagen zumindest.
Aber dann gibt es immer wieder diese einzelnen, versprengten Tage, an denen mir diese merkwürdige Sicherheit fehlt. Es fühlt sich befremdend an, nichts mehr aus deinem Leben zu erfahren. Natürlich hab ich das damals auch nicht wirklich. Ich hab mir die Realität deines Lebens lediglich aus spärlichen Internetinformationen und allgemeinem Gerede zusammengereimt und Vermutungen darüber angestellt. Trotzdem hatte ich das Gefühl, etwas von dir mitzubekommen; auf makabere Weise ein Teil deines Lebens zu sein.
Es war immer sicher, dass du nicht gehen würdest - egal, was ich mir alles Dummes, Überflüssiges und Peinliches dir gegenüber leisten würde. Es war aber auch immer sicher, dass du mich nicht aufhalten würdest, würde ich gehen.
Ich bin gegangen. Ich war mir sicher. Heute bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich mir nicht doch gewünscht hätte, du hättest mich aufgehalten.

6 Kommentare:

Jaane hat gesagt…

Wow, du schreibst so schön! :) Und das Foto ist auch toll, mit was fotografierst du?

Liebste Grüße, Jaane
http://blmenmaedchen.blogspot.de/

PS. Auf meinem Blog läuft gerade eine Blogvorstellungsrunde, bei der man KEIN Leser sein muss.. :)

ChristlMistl hat gesagt…

Wow, was für ein wundervoller Text. So tiefgründig und wortgewandt. Das mag ich wirklich sehr. Würdest du einen Roman schreiben, den würde ich sofort kaufen. Sehr fesselnd wie du schreibst.
Das Foto gefällt mir übrigends auch total.
Liebe Grüße:)

Esra hat gesagt…

Schön geschrieben. Aber der Inhalt ist weniger schön. Du hast richtig entschieden! Zeit wird vergehen, und mit ein bisschen Abstand wirst du merken, dass das die richtige Entscheidung war! Natürlich wünschen wir uns, dass man uns aufhält, wenn wir gehen. Aber andererseits sollte man sich selber lieben, sodass man dann jemanden findet, der uns wirklich zu schätzen weiß...

lg
Esra

http://nachgesternistvormorgen.de/

nyiloveyou hat gesagt…

Komisch, dass und auch negative Dinge im Leben irgendwie Sicherheit geben, nicht wahr?

Anonym hat gesagt…

Habe dir einen Blog Award verliehen!
Vielleicht hast du ja auch Lust mitzumachen.

Schau mal bei mir rum :)
http://lischloves.blogspot.de/2012/09/blog-award.html

Liebe Grüße
Lisch

Siska hat gesagt…

wirklich ein toller text.