Mittwoch, 11. März 2015

I'm not a wandering Slave, I am a Woman of Choice.



Sonntag war Weltfrauentag. Feuilletons waren voll mit geistreichen Artikeln zu Gleichberechtigung, Gender Studies und Diskriminierung aufgrund der sekundären Geschlechtsmerkmale. Es wurde gestritten - über das Pro und Contra der Sinnhaftigkeit dieses Tags, darüber, ob es Diskriminierung aufgrund des Frauseins (oder auch Mannseins - Männer sollen ja schließlich auch Menschen sein, bzw. Menschen auch Männer, sagt man sich so) überhaupt noch gibt und wie die Gesellschaft über Stereotype hinwegkommen könne, wenn sie denn existieren. Und wie immer ist nur die Gesellschaft Schuld, nie das Individuum. Denn die Individuen, die lassen sich ja nur von der Gesellschaft lenken, rennen blind wie die Schafe ihren moralischen Vorbildern hinterher und haben alle keine eigene Meinung. Nein. Die Individuen haben eine Meinung, SIE machen die Gesellschaft, sie SIND die Gesellschaft, die beschissene Moralitäten indoktriniert.

Ich vertreibe mir zurzeit zu viel Zeit auf Facebook, gebe ich zu - besser gesagt damit meinen Kopf über die Kleingeistigkeit des Publikums dort kräftig zu schütteln. Ich fand einen interessanten Beitrag, 40.000 Mal geteilt, ungefähr genauso viele Likes, unzählige Kommentare. 

Beziehungen sind schwerer geworden, geredet wird über whatsapp, Diskussionen finden am Telefon statt, Gefühle werden über Facebook mitgeteilt. Sex ist leicht zu haben, das Wort "liebe" ist völlig aus dem Kontext geraten. Eifersucht wurde zu einer schlechten Eigenschaft, vertrauen nimmt keinen Stellenwert mehr ein, fremdgegangen wird aus versehen, schussmachen ist die einzige Option & verletzt zu werden wurde natürlich!!! #newworld

Korrigiert mich, aber Eifersucht ist eine schlechte Eigenschaft, Vertrauen nimmt sehr wohl einen wichtigen Stellenwert ein, Fremdgegangen wurde schon immer, genauso wie verletzt. Beziehungen sind nicht schwerer geworden, geredet wird nicht nur über Whatsapp, diskutiert wird in Natura oder am Stammtisch, Gefühle werden nicht nur via Facebook mitgeteilt. Ich lese diese Pseudoargumente und sehe darin nur verzweifelte Ausreden, in die sich die Menschen flüchten um sich nicht mit ihren eigenen Problemen auseinandersetzen zu müssen. Denn es handelt sich um Entscheidungen, die jeder für sich selbst trifft. Weder die Gesellschaft noch Social Media sind daran Schuld wenn Kommunikation nur noch über neue Medien stattfindet. Ihr seid selbst daran Schuld.

Beziehungen sind nicht schwerer geworden, aber vielleicht ein wenig komplizierter. Denn heutzutage sind Menschen unabhängig voneinander und keiner ist mehr gezwungen Ehen einzugehen nur um wirtschaftlich überleben zu können. Früher hat man sich nicht nicht scheiden lassen weil einem so viel am anderen lag, sondern weil es ein gesellschaftliches Tabu war, weil man geächtet wurde, weil Frauen ohne einen Ehemann nichts Wert waren und noch nicht einmal einen Arbeitsvertrag unterschreiben durften, geschweige denn in soziale Auffangraster gefallen wären. Früher haben sich (Ehe-)Partner genauso betrogen wie heute, Männer durften ohnehin tun und lassen was sie wollten, inklusive uneheliche Kinder zeugen oder die eigene Frau verprügeln und vergewaltigen. Frauen taten den Männern trotz ihrer marginalisierten Stellung aber auch nichts ab. Auch sie gingen fremd, sie versuchten Männern die Kinder anderer unterzuschieben oder liebten heimlich andere im ehelichen Bett während der Angetraute die Brötchen verdiente.

Früher wurde man viel zu früh verheiratet um den eigenen Eltern nicht mehr auf der Tasche zu liegen. Früher war nichts besser. Hört auf euch diesen Blödsinn einzureden, früher war das Leben hart und gesellschaftliche Zwänge mit rechtlichen Konsequenzen verbunden. Früher hätte keiner von euch seine Meinung laut sagen dürfen, früher wäret ihr aufgrund vorehelichen Geschlechtsverkehrs ausgepeitscht worden, früher wäret ihr mit 12 mit einem Menschen verheiratet worden, den ihr kaum kennt. Früher waren alle nur gezwungen ihre geplanten Beziehungen einzuhalten um nicht zu verhungern. 

Die Unabhängigkeit des Menschen von seinen Artgenossen ist keine Rückentwicklung im Miteinander. Denn wie wertvoll kann denn ein erzwungenes Miteinander schon sein? Ist es nicht viel aussagekräftiger sich selbst zu lieben, sich selbst als Ganzes anzusehen, das keine andere Hälfte benötigt um komplettiert zu werden, aber dennoch freiwillig eine Bindung einzugehen? Ich zumindest bin gottfroh in einer Zeit zu leben, in der ich keinen Mann benötige um ein Bankkonto eröffnen zu dürfen. Ich bin froh Schlussmachen zu können ohne  ausgestoßen zu werden oder Hunger leiden zu müssen. Ich bin froh über Facebook und Whatsapp, denn ich lebe bald wieder in einer Fernbeziehung und habe keine Telefonflatrate.
Und genau aus diesem Grund bin ich pro Weltfrauentag - damit er mich immer wieder daran erinnert wie gut ich es eigentlich habe. 

1 Kommentar:

Kathi hat gesagt…

1. stimme ich dir zu: Deine Locken sind noch verrückter als meine :D
und 2. stimme ich dir auch bei der Aussage zu, dass heute keinesfalls alles komplizierter geworden ist. Ich glaube, dass die Menschen sich nur weniger Mühe geben, weil man leichter Ablenkung, Ausreden und neue Optionen finden kann.
Und irgendwie ist es ja auch gut, sich nicht an jemanden zu hängen. Den Fehler hab ich in jungen Jahren schon mal gemacht und meine beste Lektion gelernt: Absolutverlust nicht nur meiner Würde, sondern auch sämtlicher Möbel, meiner Lieblings-DVDs und meines Geschirrs beim Auszug :D
Demnach: Wir sollten die Freiheit schätzen, die wir haben und sie aber auch vernünftig nutzen :)