Montag, 9. Februar 2015

... denn sie wissen ganz genau, was sie tun.



Die Erleuchtung über die Welt durch unschuldige Kinderaugen erlangte ich durch ein Gespräch mit einem nicht ganz so unschuldigen Zwölfjährigen. Er erinnerte mich in ungesunder Weise an einen überspannten Yuppie, der dank dem Privileg der Geburt in eine gehobene Mittelschicht den Sinn für das harte Leben außerhalb des von Vati gesponserten BMWs vollkommen verloren hat. Das Kind war von vornehmer Blässe, die Haare etwas länger als kurz und in aller New-Economy-Manier zur Seite gegelt. Eine Wolke zu süßen Parfüms umgab ihn, der Geruch erinnerte mich an Puderzucker auf Erdbeeren mit Sahne. An der Hand prangte eine silbern schimmernde Uhr mit MK-Emblem. Ich gucke meine eigene 5-€-Flohmarkt-Uhr mit zerschlissenem Kunstlederarmband an und fühle mich minderwertig. Ich rühre meinen Instant-Coffee trübsinnig um und denke mit Ekel und Schauer an die Erkenntnisse, die mir dieses unwillkürlich geführte Gespräch beschert hat. Dinge, die ich wirklich nicht wissen wollte, nach denen ich überhaupt nicht gefragt hatte, weil ich genau wusste, dass sie mein Weltbild in erschütternd weitreichenden Sphären zerstören würden. 
Keine Rücksichtnahme auf meine zart besaitete Lebensphilosophie seinerseits. Ich weiß nun sehr genau über die Häufigkeit seiner wöchentlichen Masturbation bescheid. Ich hätte mir lieber weiterhin eingeredet, dass der größte Held seiner Welt immer noch eine Action-Man-Puppe ist; Das Wissen, dass die Präferenzen jetzt bei Asa Akira und Analpornographie liegen, hätte ich mir doch gerne erspart. Der Junge hat meinen Wunsch nach Kinderlosigkeit nun noch verstärkt. Ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen, bin abgeklärt und voller Zynismus, aber ich fühle mich dann doch nicht im Stande eines Tages meinem zwölfjährigen Sohn zu erklären, dass hoffentlich kein zwölfjähriges Mädchen den realen Umsetzungswünschen nach Analsex nachkommen wird. Weniger der Umstand dass, vielmehr die Art wie dieses Kind mit seiner viel zu hohen Stimme mit schlechten Sexwitzen um sich warf und die aufgeplusterten Fantasien, die er mir als Erfahrung verkaufen wollte, zum Besten gab, ließen meinen Fremdschämfaktor in die Höhe schnallen. Zwanghafte Profilierung in eine viel zu erwachsene Richtung schien hier Programm zu sein, vielleicht mal ein bisschen die Vorzüge des Noch-Kind-Seins zu genießen: Fehlanzeige. Ich erfreue mich der Tatsache, dass ich altersmäßig in so weiter Ferne von diesem Bubi liege, dass ich mit lebenserfahrener Gelassenheit und einem Schmunzeln auf seine verkorksten Aussagen blicken kann. Große Klappe, nichts dahinter. Nach einer Stunde holt ihn Mami ab und das Schneckchen geht mit der Bitte um einen Stopp am Supermarkt nach Hause. Er möchte Fruchtzwerge. Ich gebe nie wieder Nachhilfe.

1 Kommentar:

Kathi hat gesagt…

Hahaha oh Gott ich liebe es :D Da vergeht einem echt das Kinderkriegen und wenn's doch mal so weit ist, kann man nur hoffe, dass Erziehung doch den Charakter formt ;)

Vielen Dank für deinen lieben Kommentar übrigens! :)