Dienstag, 8. August 2017

Shadows inside.




Get a life, get a job, get it right, get a
real personality, 'cause that one's useless.






Ich hasse diese ganzen pseudo-philosophischen, theatralischen, melancholischen, übereuphorisierten und bauernschlauen tumblr-Spruchbilder. Die, die Bodypositivity genauso faschistoid und extremistisch indoktrinieren wollen wie die Modezeitschriften den Skinny Chic. Die, die große Dichter und Denker missbrauchen um ihren hirnverbrannten Müll über Romantisierung von Selbstverletzung und Suizid poetisch zu emphrasieren. Die, die die ganzen falschen Versprechungen von Gewichtsverlust und richtiger Ernährung popularisieren. Aber am meisten hasse ich die, die das Leben als ewige Suche nach sich selbst - oder wahlweise der großen Liebe - darstellen. Das ist reinster Bullshit. Man findet sich nicht einfach irgendwo auf der Straße. Man sammelt sein Selbst nicht per Anhalter am Feldweg auf. Man stolpert nicht in irgendeinem Club, einem Restaurant, einem Museum, einer Demo oder im Straßengraben über sein ideales Ego. Man ist nicht einfach so man selbst und klamüsert sich Puzzlesteinchen der ganzheitlichen Identität aus irgendwelchen Midlife-Crisis-Gullis zusammen. Wenn überhaupt kreiert man sich. Man behält die Straßen, die Clubs, die nutzlosen Dates in den wahnsinnig schlechten Restaurants, die Museen, die Demos und die aufgekratzten Knie beim betrunkenen Zusammenbrechen am Bordstein in peinlich berührter Erinnerung. Man zieht seine Lehren daraus, wägt ab, ob man gewisse Peinlichkeiten zukünftig vielleicht besser vermeiden sollte oder was doch irgendwie lustig genug war um es 20 Jahre später bei einem spießigen Klassentreffen dank zu viel billigem Rotwein nochmal zu wiederholen, in Gedanken, verbal oder gleich richtig mit Hand und Fuß. Und dann schaut man am nächsten Tag in den Spiegel, sieht die verstopften Poren und die Augenringe, merkt, dass man verdammt alt geworden ist und mal wieder 'ne neue Seite an sich entdeckt hat. Aber der Punkt ist der: wir haben uns entschieden, das zu tun - oder eben jenes nicht zu tun. Wir zaubern uns nicht durch ein Versehen auf 'ne Backpacking-Tour durch Südostasien und finden uns am Boden einer Instagram-reifen Buddha-Bowl. Wir entschließen uns ganz bewusst, diese Reise anzutreten. Wir swipen bei Tinder nicht einfach nach rechts oder nach links, wir haben unsere Gründe dazu. Wir entscheiden. Wir malen unser Leben in den Farben, die uns gefallen, radieren ab und zu ein bisschen rum und ärgern uns, wenn andere unsere Leinwand mit ihren Kackfarben zuklecksen. Aber wir haben die Wahl. Weissen wir die Stellen, die uns nicht gefallen, oder lassen wir sie als düstere Funken auf unserem Seelenbildnis bestehen? Die Wahl ist unsere. Wir sind die Künstler. Die Lebenskünstler.

Keine Kommentare: