Dienstag, 8. November 2016

Tokio - Ankommen zwischen 18 Millionen Menschen.








Long ago inside a distant memory
there is a voice that says: Do you
believe in a word of happy endings?



Es schien lange Zeit so surreal und distanziert. Und doch bin ich ganz plötzlich tatsächlich hier. In Tokio. Lebe in einer Millionenmetropole, die so over-the-top ist, wie keine europäische oder amerikanische Stadt es je sein könnte. So viele Menschen, wie sich hier durch die U-Bahnen drängen, habe ich noch nie gesehen. Shinjuku gleicht einem Ameisenhaufen - zur Rush Hour ist es fast unmöglich voranzukommen. Der Bahnhof mit dem größten Verkehrsaufkommen der Welt fordert viel Stressresistenz und Durchhaltevermögen. Wer hier zaghaft ist, wird sich gegen die Massen nicht durchsetzen können. Und wer meint, hier aus der Masse zu stechen, muss schon sehr anders sein.
Meine Anreise war holprig. Sie glich einer Straße mit vielen Kurven, steilen Klippen an der Seite und unbefestigten Rändern. Einerseits wurde mir viel Hilfe und Nettigkeit zuteil, andererseits schienen Beton, Maschinen und Eisen gegen mich zu arbeiten. Und manche Menschen auch. Vor mir erhob sich der Wald aus Zivilisation, aus Stahl und Glas. Ich durchkreuzte ihn, teilte ihn in Zwei wie Moses das Rote Meer. Mensch gegen Natur, Technik über Holz und Gras, Humanorganisches gegen Maschinen. Alles lebt hier miteinander, was so unvereinbar scheint. Einerseits helfen mir wildfremde Menschen mein Gepäck zu S-Bahn-Gleisen zu tragen, zu denen sie eigentlich gar nicht hinmüssen. Ältere Menschen erklären mir den Weg, obwohl ich nicht nach ihm frage und ihn weiß. Sie sind interessiert an dem Gaijin (Ausländer) mit der hellen Haut und den großen Augen - wenn sie nicht gerade Pokémon Go spielen oder in dezent fortgeschrittenem Alter Teeniemädchen-Manga lesen. Andererseits bleibt der Platz neben mit im Zug gerne leer, obwohl die stärkste Überfüllung herrscht. Gaijin-Gene könnten ja krankheitsbefallen oder giftig sein. Ambivalenz, wo man auch hinsieht. Die Eindrücke prasseln auf mich ein. Zu tausenden. Wo meine Augen hinsehen sollen, wissen sie nicht mehr. Welche Melodie meine Ohren hören sollen, können sie nicht mehr entscheiden. Wen ich wahrnehme, kann ich nicht mehr kontrollieren. Alles ist zu viel. Und doch nicht genug. Ich bin hier. Ich bin jetzt. In der Realität. Ich bin einer von Millionen. Und doch bin ich keiner von vielen.

PS: Spiegelreflex kaputt, Fotos leider nur per iPhone 5s.

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